Ich und die Meinen

Ich und die Meinen

Herzlich willkommen!

So, das bin ich! Ich bin Kurt Palfi. Ich habe mir gedacht, jetzt muss mal ein neues Foto her. Leider hat Onkelchen ein Nacktfoto von mir hochgeladen. Aber ich sehe doch noch recht proper aus!
Wir (das sind ich, mein missratener Sohn Gianni Dona und Onkelchen, der alles für uns tippt) lästern in diesem Blog über alles, was gerade anfällt: Fußball, Politik, Film und Fernsehen, alles Mögliche. Viel Spaß!

Donnerstag, 8. Juli 2010

WM-Blog: Von den 86ern und 90ern lernen heißt siegen lernen

So, wir haben eine Nacht über die Halbfinal-Niederlage der deutschen Mannschaft geschlafen. Das Ergebnis ist genauso unerfreulich wie vorher, aber man sieht doch ein bisschen klarer. Landauf, landab verweisen die Gazetten darauf, dass dieser deutschen Mannschaft die Zukunft gehöre und dass die Zeit für sie arbeite. Mag sein, dass die Generation der Neuers, der Müllers, der Özils, der Khediras, der Kroos, der Marins zusammen mit den ebenfalls noch sehr jungen Leadern Lahm und Schweinsteiger noch nicht an ihrem Zenit angekommen ist. Doch das nagende Gefühl lässt sich nicht abschütteln: Jetzt (genauer gesagt, gestern) war die Chance da, es allen zu zeigen, und am Ende stand - wie schon im EM-Finale 2008 - ein ernüchterndes 0-1.

Ich bin mir sicher, dass die Mannschaft und der Trainerstab - und genauso die Fans - noch einige Zeit an diesem Halbfinale gegen Spanien zu kauen haben. Denn die unangenehme Frage lautet: Wo war die Unbekümmertheit, mit der das junge deutsche Team Gegner wie England und Argentinien niederspielte? Lag es nur daran, dass Müller gesperrt war (eine Parallele zum gesperrten Frings im WM-Halbfinale 2006)? Und, daran anschließend: Mit welchen Mitteln kann eine deutsche Mannschaft überhaupt gegen einen Gegner bestehen, der über ein herausragendes Positionsspiel verfügt, pass- und ballsicher ist und - wie im EM-Finale 2008 - ein unsichtbares Netz über den Platz spannt, in dem sich die deutsche Vorwärtsbewegung nur allzuoft verheddert?

Seit der EM 2008 ist Spanien der Goldstandard im internationalen Fußball. Das müssen wir anerkennen, und Spanien ist dieser Favoritenrolle trotz der Auftaktniederlage gegen die Schweiz gerecht geworden. Wenn der deutsche Fußball wieder Titel erringen will - und die Parole vom 4. Stern für Deutschland klingt uns ja immer noch in den Ohren - dann muss man sich überlegen, wie man so eine Mannschaft knacken kann. Denn früher oder später wird es wieder zu einem Aufeinandertreffen kommen, falls Spanien seine Ausnahmestellung bestätigen sollte. Und dann sind Lösungen gefragt, die überzeugender sind als die, die wir gestern gesehen haben.

Es war gestern oft von Hemmungen die Rede, vom mangelnden Mut, vom Respekt gegenüber der Übermannschaft Spanien. Ich kenne so was auch aus meinem eigenen Job: Die Angst vor dem Scheitern lähmt oft die eigene Initiative. Ich habe also insofern vollstes Verständnis für die Jungs. Ich habe aber nicht den Anspruch, Weltmeister zu sein oder werden zu wollen.
Wer also vom "4. Stern" spricht, der muss diese Hemmungen irgendwie ausblenden können, sonst bleibt am Ende immer die Trostrunde übrig, die Partie um den 3. Platz, oder wie die Autoren von "11Freunde" so richtig formulierten, das Pfannenset der WM.

Und gerade da muss ich wieder auf die deutsche Mannschaft zurückkommen, die 1986 in Mexiko Zweiter wurde - es war die Mannschaft und die WM, die mir am eindrücklichsten in Erinnerung geblieben ist. Sie war mit einem grottigen 1-0 gegen Marokko im Achtelfinale und über Elfmeterschießen gegen Mexiko im Viertelfinale ins Halbfinale eingezogen. Der Gegner hieß Frankreich, ebenfalls zwei Jahre zuvor Europameister geworden und mit dem Traum-Mittelfeld um Platini, Giresse, Tigana und Fernandez der Goldstandard im internationalen Fußball. Zugegeben, Frankreich hatte auch echte Schwächen - der Torwart Joel Bats gehörte dazu, der schon in der neunten Minute einen Brehme-Freistoß unter dem Bauch hindurchkullern ließ (beim Spanier Casillas kann ich mir das nicht so recht vorstellen), aber in den Augen vieler damaliger Experten waren die Deutschen chancenlos. Die 86er glaubten trotzdem an ihre Chance.

Der Fußball dieser Zeit - der damalige Teamchef Beckenbauer brachte es fertig, zeitweise mit zwei Liberos zu spielen, einer vor, einer hinter der Abwehr - ist heute ja als "Rumpelfußball" verpönt. Allerdings habe ich mir mehr als einmal bei der Südafrika-WM gewünscht, unsere Jungs hätten die Nervenstärke und Entschlossenheit dieser 86er-Truppe. Bei denen gab es einigen Zoff hinter den Kulissen - die Münchner und Kölner waren einander nicht grün, und dann gab es noch die "Suppenkasper-Affäre" um Uli Stein, aber sie waren außerordentlich schwer zu schlagen, was selbst die Argentinier um Maradona im Finale erfahren mussten.

Bei allen Fußball-Reformen, die Klinsmann und Löw ab 2004 positiv umgesetzt haben, ist aus meiner Sicht diese sehr typische deutsche Eigenschaft etwas verloren gegangen. 1986 war es für alle schwer, gegen Deutschland zu spielen: Die Mannschaft konnte auch nach einem Rückstand zurückkommen. Heute ist es dagegen sehr oft so, dass das Schicksal der deutschen Mannschaft mehr oder weniger besiegelt ist, wenn sie einmal in Rückstand geraten ist.

Ein bisschen schräg finde ich auch, dass sowohl Löw als auch sein Vorgänger Klinsmann 2006 und 2010 im wesentlichen an ein und derselben Formation festhielten und nur dann umstellten, wenn Verletzungen oder Sperren einzelner Spieler dies erforderten (mit einer Ausnahme: Boateng für Badstuber nach dem verlorenen Serbien-Spiel). 1990 baute Beckenbauer sein Team dagegen gleich zweimal grundlegend um, obwohl die Ergebnisse dies nicht erfordert hätten: Einmal fürs Achtelfinale gegen die Niederlande (da fiel Uwe Bein heraus und Jürgen Kohler wurde als Feuerwehrmann gegen van Basten gebraucht) und das zweite Mal vor dem Halbfinale gegen England (da kamen Olaf Thon und Thomas Häßler in die Mannschaft, weil Beckenbauer gegen die kopfballstarken Briten die Bälle flach halten wollte).

Ich verstehe daher nicht, warum weder Löw vor dem Spiel gegen Spanien noch Klinsmann vor dem Spiel gegen Italien versucht hat, die Mannschaft stärker umzustellen. Klar, insbesondere Löw wäre nach den beiden Vier-Tore-Erfolgen gegen England und Argentinien in starke Erklärungsnöte geraten. Aber warum er Jansen und Kroos nicht von Anfang an spielen ließ, das erschließt sich mir nicht - schließlich wurden beide recht früh in der zweiten Hälfte eingewechselt. Mir scheint, dass er diese Lösung schon vor dem Spiel erwogen hatte, aber vielleicht hatte er sie als zu radikal verworfen und erst darauf zurückgegriffen, als sein Team in der ersten Halbzeit nicht den nötigen Druck erzeugen konnte.

Vielleicht ist es aber auch Schicksal, dass es erst 2014 soweit sein soll. Vielleicht war 1990 einfach einmal außer der Reihe und wir sind erst wieder dran, wenn die Jahreszahl die Ziffer 4 enthält (wie 1954 und 1974).

Bis dahin würde ich, wenn ich der DFB wäre, mindestens einmal im Jahr ein Testspiel gegen die Spanier ansetzen. Und wer weiß, vielleicht findet Löw (oder wer auch immer) irgendwann das Erfolgsrezept.

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