Ich und die Meinen

Ich und die Meinen

Herzlich willkommen!

So, das bin ich! Ich bin Kurt Palfi. Ich habe mir gedacht, jetzt muss mal ein neues Foto her. Leider hat Onkelchen ein Nacktfoto von mir hochgeladen. Aber ich sehe doch noch recht proper aus!
Wir (das sind ich, mein missratener Sohn Gianni Dona und Onkelchen, der alles für uns tippt) lästern in diesem Blog über alles, was gerade anfällt: Fußball, Politik, Film und Fernsehen, alles Mögliche. Viel Spaß!

Freitag, 5. Juni 2015

Im Reich der "Weissen Eule"

Ich werde gelegentlich gefragt, ob ich etwas mit einem namhaften Hersteller von Kränen und Hebebühnen zu tun habe, mit dem so etwas wie eine flüchtige Namensähnlichkeit besteht. Und ich mache es gerne offiziell: Es bestehen keinerlei Berührungspunkte, keine Verwandtschaft oder Ähnliches. Es wäre auch völlig unlogisch. Wo ich bin, braucht man keine Hebebühnen oder Kräne. Ein 7,5 Tonnen schwerer asiatischer Elefantenbulle reicht für derartige Zwecke meist vollkommen aus. Wo ein Palfi ist, braucht man also keinen Palf...inger. Wie auch immer.

Genauso wenig wie ich etwas mit einem Hersteller von Hebebühnen zu tun habe, war Onkelchen jemals im Krieg oder in Kampfhandlungen verwickelt. Seine militärischen Meriten sammelte er während seines Wehrdienstes in einer Fernmeldeeinheit, die man sich so ungefähr wie die abgewrackten Legionäre des Lagers Kleinbonum vorstellen muss, wenn sie auf die Ablösung warten - Asterix-Fans wissen wieder einmal mehr! Trotzdem wird Onkelchen nicht müde, in einem Dialekt, den man bereits im Nachbardorf nicht mehr versteht (das vielgeschmähte Schwäbisch ist dagegen eine veritable Hochsprache!), über eingebildete Kriegserlebnisse zu bruddeln. 
Nein, Onkelchen war "Anno vieradreißgavierzg" weder vor Kursk noch "Anno siebnasechzg" vor Bir Gifgafa stationiert. Das ist vielmehr eine perfide Methode, die er entwickelt hat, um seine Mitmenschen zum Nervenzusammenbruch zu treiben.

Als Onkelchen noch so frisch war wie ein Elefantenjunges, wurde er gelegentlich in Wirtshäuser verschleppt - zum Beispiel wenn man eine Hochzeit oder Beerdigung zu beehren hatte. Diese Wirtshäuser waren alle auf ihre Weise gleich - schwere Butzenscheiben in den Fenstern, Hirschgeweihe an den Wänden, vergilbte Tapeten und Gardinen. Breiiges Stimmengewirr. Nicht der Muff von tausend Jahren, aber doch wenigstens der von 1957. Hier herrschte noch Adenauer. Wer hier verkehrte, wählte Filbinger. Keine Experimente, schon gar keine kulinarischen.

Dort saßen dicke alte Männer und rauchten, dass einem das Sehen verging. Und wenn sie nicht gerade Skat spielten, erzählten sie einander von ihren vermeintlichen Heldentaten. Der stinkende Zigarrenstumpen der Marke "Weisse Eule" verblieb dabei im Mundwinkel, der wegen der in den Dörfern damals herrschenden monatelangen Inzucht weiter herunterhing, als dies allgemein als gesund eingeschätzt wird. Man darf sich nicht wundern, dass die ohnehin reichlich dialektal geprägte Aussprache dadurch noch breiiger ausfiel.

Im Laufe der Zeit gab es immer weniger dieser dicken alten Männer, und auch die stinkenden Stumpen der Marke "Weisse Eule" waren immer schwieriger zu bekommen. Onkelchen bemerkte, dass damit wichtige Säulen der Gesellschaft wegbrachen. Mit ihren nicht enden wollenden Ausführungen über die schlechten Zeiten, die kalten Winter, das Artilleriefeuer in der russischen Steppe und nicht zuletzt den Totschlag-Argumenten "Mir hend ja nix g'het domols" und "Ihr hend ja no koin Kriag erläbt" (zu Deutsch: Wir hatten ja nix damals und Ihr habt ja noch keinen Krieg erlebt) vermochten sie jedem die Luft aus den Segeln zu nehmen, der in seinem Leben etwas erleben oder mehr sehen wollte als das Kaff, von dem man seinerseits den Podex der Welt ganz gut erblicken konnte. Diese dicken, stets in Zigarrenrauch gehüllten Männer sorgten letztlich dafür, dass die örtliche Gemeinschaft nicht vor die Hunde ging. Das meinten sie zumindest. Sie hielten sich für so etwas wie die personifizierte Moral des Dorfes. Dabei rächten sie sich nur an der nächsten Generation, weil ein komischer Typ mit Schnauzbart ihre Jugend ruiniert und ihnen alle Illusionen geraubt hatte.

Diese alten Männer hatten durchaus auch Kinder und Enkelkinder. Aber wenn diese die Alten mal um ein Taschengeld oder ein bisschen Geld für eine Kinokarte baten, dann kam auch wieder so ein Spruch der "Ihr habt ja noch keinen Krieg erlebt"-Kategorie. Auf diese Weise wurde die nachwachsende Jugend zu Sittsamkeit und Sparsamkeit angehalten. Und weil die Alten ständig nach "Weisse Eule" stanken, hatten die Jüngeren keine Lust, die ekligen Stumpen auch nur anzufassen.

Da es niemanden mehr gibt, der diese Funktion ausübt, bricht alles auseinander. Werte verfallen, keiner geht mehr in die Kirche (oder zumindest in das daneben stehende Wirtshaus). Junge Menschen geben sinnlos Geld für irgendwelchen Plunder aus, anstatt es für den Acker nebenan zu sparen. Kurz gesagt: Die Spaßgesellschaft breitet sich aus. Deshalb sich hat Onkelchen in jahrelanger Arbeit das Idiom der alten Männer angeeignet und ihre Kriegsgeschichten bewahrt, ja mehr noch: sich neue ausgedacht. (Onkelchen ist sich durchaus darüber klar, dass die besagten Herrn die meisten ihrer war stories dem Landserheft entnommen hatten!) Denn irgendjemand muss er heutigen Jugend doch aufzeigen, dass es noch etwas anderes gibt als Elektroplunder und Markenklamotten!

"Irgendwann kommt wieder ein Krieg", pflegten die Alten zu sagen, "und was mach'sch du dann mit deinem Glomp?" Weise Worte. Nur eines wird sich Onkelchen nicht angewöhnen, nämlich Stumpen der Marke "Weisse Eule" zu paffen. Die gibt es nämlich wirklich nicht mehr.

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